Mit der zunehmenden Cloud-Fokussierung von SAP stehen viele Unternehmen vor der Frage: SAP Transportation Management (TM) lieber in der Cloud oder On-Premise betreiben? Hinter dieser scheinbar einfachen Wahl verbergen sich entscheidende Unterschiede in Architektur, Release-Zyklen, Anpassbarkeit und Betriebsmodellen – mit massiven Auswirkungen auf Projektansätze, Integrationslogik und Total Cost of Ownership.
In diesem Artikel beleuchten wir die technischen, funktionalen und betrieblichen Unterschiede zwischen SAP TM in der Cloud und On-Premise – aus Expertensicht auf scmtms.de!

1. Grundsatzfrage: Was heißt „SAP TM in der Cloud“?
Bei SAP TM in der Cloud sprechen wir nicht von einem eigenen Produkt, sondern von einem Bereitstellungsmodell innerhalb der SAP S/4HANA Cloud Suite. Hier unterscheidet SAP zwei wesentliche Varianten:
Modell | Beschreibung |
---|---|
S/4HANA Public Cloud | Hochstandardisierte Cloud-Variante, eingeschränkte Anpassbarkeit, schnelle Releases |
S/4HANA Private Cloud Edition (PCE) | Funktional identisch mit On-Premise, aber gehostet & betrieben durch SAP oder Hyperscaler |
Wichtig: SAP TM als echtes dediziertes SaaS-Produkt existiert nicht separat – es ist integrierter Bestandteil von S/4HANA (embedded TM), in verschiedenen Deployment-Formen.
2. Funktionsumfang: Gleichstand nur in der Private Cloud
Bereich | Public Cloud | Private Cloud / On-Premise |
---|---|---|
Funktionstiefe (TM Advanced) | Eingeschränkt (Basic Scope) | Vollständig (Advanced & Basic) |
Customizing (SPRO) | Stark limitiert | Voll verfügbar |
BAdIs, Enhancements, User Exits | Nicht verfügbar | Voll einsetzbar |
Frachtkostenmanagement | Basisfunktionen | Vollumfänglich (Tarifmanagement, Settlement) |
PPF-Aktionen, BOPF, BRF+ | Eingeschränkt | Voll integriert |
Fazit: Wer mit komplexer Transportlogistik, dynamischen Planungsregeln oder individuellem Carrier-Handling arbeitet, benötigt mindestens SAP TM in der Private Cloud oder On-Premise.
3. Release- & Innovationsstrategie
Public Cloud (z. B. SAP S/4HANA Cloud, Public Edition):
- Quartalsweise Releases (SAP Central Upgrades)
- Kein Einfluss auf Timing oder Inhalte
- Geringe Testaufwände möglich, aber:
- Abhängigkeit von SAP Roadmap
- Anpassungen müssen zukunftssicher im Rahmen der „clean core“-Strategie erfolgen
Private Cloud / On-Premise:
- Jährliche Releases mit selektiver Adoption
- Volle Kontrolle über Upgrade-Zeitpunkt & Regression Testing
- Kundenspezifische Erweiterungen möglich (Z*-Tabellen, eigene BOPF-Knoten, klassische User Exits)
4. Integration & Architektur
Cloud (Public/Private):
- Bevorzugte Integration via API-first Ansatz
- Nutzung von SAP BTP (Business Technology Platform) für Erweiterungen, Workflows, Side-by-Side Apps
- Kommunikation über OData, SOAP, RESTful Services, Event Mesh etc.
On-Premise:
- Volle Unterstützung klassischer Schnittstellen:
- IDoc, qRFC, ALE, eigene RFC-Bausteine
- Nutzung von PI/PO, Middleware-Komponenten, SAP-Gateways
- Flexibilität in Systemtopologien, z. B. TM mit eigenem Mandanten, angebunden an mehrere ERP-Instanzen
Experten-Tipp: Die EWM-/TM-Integration ist technisch einfacher, wenn beide Module embedded in einer S/4HANA Private Cloud oder On-Premise Instanz betrieben werden – mit direktem Zugriff auf interne Tabellen und synchronem PPF-Handling.
5. Betriebsmodelle & Verantwortung
Aspekt | Public Cloud | Private Cloud / On-Premise |
---|---|---|
Betrieb / Infrastruktur | Vollständig durch SAP | SAP (PCE) oder Eigenbetrieb |
Zugriffsrechte (Basis) | Eingeschränkt (kein OS-Level) | Vollständig |
Monitoring / Logging | Standardisierte Tools (SAP ALM, Fiori) | Vollzugriff (ST22, SM21, SE80 etc.) |
Support bei Eigenentwicklungen | Eingeschränkt | Voll durch SAP & Partner |
6. Entscheidungsmatrix – Wann welches Modell?
Kriterium | Empfehlung |
---|---|
Maximale Flexibilität / Custom Code | On-Premise oder Private Cloud |
Schnelle Time-to-Value / Standardprozesse | Public Cloud |
Weltweite Skalierbarkeit & Security | Cloud (bevorzugt PCE) |
Stabile Legacy-Integration | On-Premise |
Nutzung modernster UI-/UX-Komponenten | Cloud-first |
Hohe Release-Kontrolle & Teststabilität | On-Premise oder PCE |
7. Lessons Learned aus Projekten
- Public Cloud = Prozessstandardisierung. Wer Public Cloud einführt, muss bestehende Prozesse konsequent an SAP anpassen, nicht umgekehrt.
- Private Cloud = „Best of Both Worlds“, eignet sich für alle, die SAP warten lassen wollen, aber dennoch volle Funktionstiefe und Modifikationen brauchen.
- On-Premise bleibt relevant für hochindividuelle TM-Projekte, insbesondere in der Fertigungs-, Automobil- und Logistikdienstleisterbranche mit komplexer Transport- und Lagerintegration.
Fazit: Cloud ist die Zukunft – aber nicht für jeden Use Case
SAP TM in der Cloud bringt Vorteile wie Skalierbarkeit, Automatisierung und geringeren Betriebsaufwand – allerdings nur, wenn Unternehmen bereit sind, sich an SAPs Standardprozesse und Innovationszyklen anzupassen.
Für viele Firmen bleibt SAP TM On-Premise oder in der Private Cloud die realistischere Wahl, wenn hohe Anpassungsfähigkeit, Integrationsfreiheit und technologische Kontrolle erforderlich sind.
🔍 Tipp von scmtms.de: Du planst ein SAP TM-Projekt und stehst vor der Architekturentscheidung? Wir bringen dich mit erfahrenen SAP-Partnern zusammen, die Cloud- und On-Premise-Projekte erfolgreich umsetzen – unabhängig und praxisnah.
FAQ – Häufige Fragen & Antworten zu SAP TM
Was unterscheidet TM Basic von TM Advanced?
TM Basic bietet schlanke, integrierte Basisfunktionen.
TM Advanced enthält Funktionen für komplexe Logistiknetzwerke und erfordert zusätzliche Konfiguration – z. B. erweiterte Charge Calculation, Optimizer-Steuerung usw.
Mehr dazu in unseren Blogartikel "SAP TM - Basis vs Advanced".
Welche Unterschiede gibt es zwischen SAP TM Standalone und Embedded in S/4HANA?
SAP TM Standalone: Früher eigenständiges System (oft in Kombination mit ECC), mit separatem Betrieb.
SAP S/4HANA Embedded TM: Heute Standard, direkt in die S/4HANA-Umgebung integriert, mit enger Verzahnung zu anderen Modulen.
👉 Vorteil: Weniger Schnittstellen, konsistente Stammdaten, höhere Performance.
Mehr Infos dazu in unseren Blogartikel "SAP TM embedded vs standalone".
Wie kann ich mein Wissen in SAP TM vertiefen?
Offizielle SAP Learning Hub Inhalte
SAP PRESS Bücher wie Transportation Management in SAP S/4HANA (hier im Rheinwerk 365 Abo verfügbar)
Espresso Tutorials für kompakte und praxisnahe SAP TM Inhalte (zum Abo)
Teilnahme an DSAG-Arbeitskreisen oder SAP-Events
👉 Fazit: Für SAP TM Experten ist tiefes Modul- und Integrationswissen entscheidend. Erfolgreiche Projekte erfordern neben technischer Expertise auch Prozessverständnis und Change Management.
Welche Best Practices und Hilfsmittel gibt es für TM-Konfiguration und Migration?
- Nutzt BC Sets aus OSS Notes für schnellere Implementierung. Jetzt mehr zu Best Practices erfahren!
- Tools wie Migration Cockpit, Readiness Check, Custom Code Migration App und Rapid Deployment Services sind enorm hilfreich in Migrationsprojekten. Weitere Infos in diesem Blogartikel zur Migration von SAP TM 9.x zu S/4HANA.
Was macht ein SAP TM Berater?
Ein SAP TM Berater unterstützt Unternehmen bei der Einführung, Konfiguration und Optimierung von SAP Transportation Management. Zu den typischen Aufgaben gehören:
Analyse und Design von Transportprozessen
Customizing von TM (z. B. Charge Management, Optimizer, Freight Order Management)
Integration mit EWM, SD, MM, GTS und FI/CO
Schulung von Key-Usern und Anwendern
Unterstützung bei Migrationen (z. B. von TM 9.x auf S/4HANA TM)
Technisch orientierte Berater:innen übernehmen oft auch Schnittstellenentwicklung (PI/PO, CPI) oder Erweiterungen via ABAP/RAP.
👉 Kurz gesagt: Ein SAP TM Berater verbindet tiefes Prozesswissen in der Logistik mit technischem SAP-Know-how, um End-to-End Transportlösungen umzusetzen.
Wie viel verdient ein SAP TM Berater?
Das Gehalt hängt stark von Erfahrung, Region und Spezialisierung ab. Orientierungswerte:
Einsteiger (0–2 Jahre Erfahrung): ca. 50.000 – 65.000 € p. a.
Erfahrene Berater (3–7 Jahre Erfahrung): ca. 70.000 – 95.000 € p. a.
Senior Consultants & Projektleiter (>8 Jahre Erfahrung): 100.000 €+ p. a.
Freelancer: Tagessätze zwischen 800 – 1.200 € sind im SAP TM Umfeld realistisch, da Spezialist:innen sehr gefragt sind.
👉 Aufgrund der hohen Nachfrage nach TM-Expert:innen (besonders bei S/4HANA-Migrationen und EWM-Integrationen) zählt SAP TM zu den lukrativsten SAP-Beratungsfeldern.
Über den Autor – Andreas Böhm
Andreas Böhm ist langjähriger SAP-Experte und Blogger mit Schwerpunkt auf SAP Logistik, Transportmanagement (SAP TM) und angrenzende Module. Seit vielen Jahren begleitet er Unternehmen in SAP-Einführungsprojekten, Rollouts und Systemoptimierungen.
Mit scmtms.de betreibt er eine der bekanntesten deutschsprachigen Plattformen rund um SAP TM, EWM und angrenzende SAP-Themen. Sein Fokus liegt auf praxisnahen Tipps, fundierten Erfahrungsberichten und der kontinuierlichen Weiterbildung in der SAP-Welt.